Meine fast perfekte Trekkinghose

Ich gehe sehr gerne wandern – und dafür sind ZIP Hosen zumindest in der Zeit vom Frühjahr /Sommer / Herbst ein Muss. Nur im Winter kann ich drauf verzichten.

Denn oft ist es in der Früh noch frisch wenn man losgeht, und da möchte ich dass meine Beine komplett eingepackt sind. Im Laufe des Tages aber wird es doch oft wärmer und da ist es angenehm, auch in kurzer Hose rumlaufen zu können ohne sich umziehen zu müssen.

An sich bin ich schon gut ausgerüstet – zwei Ziphosen und eine lange Wanderhose. Jede hat was, was ich besonders gut finde – aber keine alles.

Und dafür kann man ja nähen. Letztes Jahr hatte ich mir aus dem tollen Merinosoftshell von Extremtextil eine Laufjacke genäht und es war noch genügend übrig, dass auch eine ganze Hose für mich rausspringen sollte.

Ausserdem wollte ich zwar mal wieder was machen, hatte aber keine Motivation auf T-Shirt / Kleid / normale Hose. Da ist einfach sehr viel im Schrank. Und mit diesem neuen Projekt war ich lange beschäftigt.

Also machte ich folgendes:

Von einer Kaufjeans, die mir obenrum super passt und auch die Beinweite hat die ich mir vorstelle, den Schnitt abnehmen. Ich habe zwar Hosenschnitte, die mir gut passen, wie z.B. die Ginger – aber in der Skinnyversion. Oder auch die B-Classics, aber da sind mir die Beine wieder zu weit.

Das Abnehmen war dann irgendwie doch schwieriger wie gedacht, da ja das hintere Bein breiter ist wie das vordere hat, hat mich die genaue Breite hinbekommen etwas gefuchst. Doch das war dann auch mal bewältigt.

Im ersten Schritt habe ich mir aus einem leicht dehnbaren Restestoff eine Musterhose genäht, erst mal ohne Teilung und sonstigen geplanten Sachen. Die Dehnbarkeit habe ich als ziemlich ähnlich zu meinen geplanten Softshell empfunden.

Die passte gut; eine kleine Schwierigkeit für die Beurteilung war, dass ich da keinen RV einnähen wollte und dadurch vorne nur zugeklipst habe. Das musste ich dann später noch „büßen“.

Dann ging es ans festlegen: Was soll die Hose alles für Anforderungen erfüllen.

  1. die „normalen“ Hosentaschen sollten mit Reisverschluss geschlossen sein
  2. in die PO Hosentasche sollte ggf auch das Handy komplett reinpassen
  3. auf jedes Bein eine Tasche und diese soll so geräumig sein, dass man auch gut was unterbringt, bzw dass auch hier das Handy (hab ein 6,3“) reinpasst. Schnell zugänglich und trotzdem recht gut verschlossen.

4. der Zipper kurz über dem Knie sein.

Letztendlich habe ich Ideen von vier verschiedenen Hosen verwertet; z.B. wie die Beintaschen gearbeitet sind, habe ich von der Trekkinghose meines Mannes abgeschaut.

Die Form der Hosentaschen und Verarbeitung kamen von einer Trekkinghose. Länge wurde durch Handyauflegen bestimmt.

Die Art der Reissverschlussabdeckung und wie die PO Tasche hinten eingearbeitet ist, von einer anderen

wie die Zipper genau gemacht wurden wieder von einer anderen.

Als Taschenstoff habe ich einen sehr dünnen dehnbaren Sportjersey verarbeitet. Denn ich mag es nicht, wenn sie sehr auftragen und auch so zeichnen sie sich schon etwas ab.

Die Beintaschen sind komplett aus dem Softshell gearbeitet.

Ich habe mich für einen einfachen Knopf als Verschluss entschieden, weil der am wenigsten aufträgt. Eine Hose von mir hat z.B. einen Druckknopfverschluss, der je nach Essensmenge auch mal aufspringt….

Oder eine hat einen Schiebehaken, die mag ich auch nicht so gerne.

Und ein Jeansknopf ist wieder so dick.

Als das alles fertig war musste ich noch festlegen, wo ich die Hose genau geteilt haben möchte. Und das ist der Teil, der dann nicht so perfekt wurde, wie ich es mir vorgestellt habe. Da hatte ich dann nämlich einen Denkfehler drin, so dass mir die Teilung zu tief gerutscht ist. Ich dachte, ich muss den Überlapp, dh der Bereich der den Reisverschluss abdeckt, doppelt dazugeben. Das war aber falsch, eine einfache Saumzugabe in der Höhe, wo der RV dann hinkommen soll, wäre ausreichend gewesen.

Das ist mir aber erst so richtig eingefallen, wie ich den RV das erste Mal eingenäht bzw geheftet habe.

Dadurch ist nun der RV 2 cm tiefer geworden als ich es wollte. Eigentlich noch 3 cm aber einen konnte ich quasi noch rausnähen. Denn hätte ich den RV weiter nach oben gegeben, dann hätte ich die unteren Beine nochmal neu zuschneiden müssen, denn die hätte dann ja weiter nach oben gehen müssen, wo sie auch weiter hätten sein müssen. Und den Stoff hatte ich nicht mehr.

Das Reisverschlusseinnähen hat mich Nerven gekostet , zum einen hat es mich viel Denkarbeit gekostet, wie ich es denn genau legen muss, damit die Lagen passen. Denn der RV sollte von oben verdeckt sein und auch hinten so hoch abgesichert sein, dass er auf keinen Fall auf der Haut kratzt, wenn die Hose geteilt ist. Und das hinten darf auf keinen Fall hervorschaun, dh muss also niedriger wie das vorne sein.

Und auch mit Heften und erst meinen es passt und deswegen drüber nähen hat es mich 3 Versuche gekostet, bis wirklich alles gepasst hat. Obwohl ich immer geheftet habe. Dummerweise war es mir nämlich nicht gleich aufgefallen, z.B. das eine Mal, dass die Zähnchen des RV in die falsche Richtung, nämlich nach oben anstelle nach unten gezeigt haben.

Hier kommt dann das andere was nicht ganz so perfekt für mich ist. Die Länge des RV. Er sollte nicht überlappen, da er sonst zu dick wird, was das Tragen recht unangenehm macht.

Aber auch nicht zu kurz. Eine Länge von 43 cm hätte ich gebraucht. Plastikreisverschlüsse finde ich schwer zum kürzen, ggf nähe ich das obere Ende mit ein, aber das geht hier ja nicht, da er ja im Kreis läuft. Also musste es die kurze Variante werden.

Nachdem ich zu dem Zeitpunkt schon gemerkt habe, dass mir die Beinlänge nicht so taugt, habe ich auch nicht extra in 3mm teilbare Reisverschlüsse investiert (die mit ca 15 Euro gekostet hätten) sondern habe welche aus meinem Fundus genommen. Die sind jetzt etwas zu dick, dh tragen etwas auf, stören aber nicht beim Gehen.

Die erste Anprobe mit eingenähtem Reisverschluss und Bund (aber gottseidank noch nicht abgesteppt) ergab, dass sie hinten doch noch etwas weit ist. Da hatte sich gerächt, dass ich bei der Probehose keinen RV reingegeben hatte.

In der Naht wollte ich es nicht wegnehmen, waren in Summe doch 4 cm die raussollten. Denn dann wäre die Hose etwas tiefer gerutscht, was ich nicht wollte. Also habe ich den Bund wieder abgetrennt und zwei Abnäher, links und rechts in der Mitte des Hosenteils eingenäht. Bund wieder dran. Dann sass sie genauso wie sie sollte.

Den Bund hab ich mit einer theoretisch nicht dehnbaren Einlage bebügelt. Aber irgendwie dehnt sie sich beim Tragen doch leicht. Ist die Hose frisch gewaschen, sitzt der Bund oben sehr (angenehm) eng, aber im Laufe des Tragens lockert er sich etwas. Rutschen tut sie zu keinem Zeitpunkt. Zum Fotozeitpunkt war ich schon dreimal mit ihr Wandern gewesen.

Einen kleinen Fehler habe ich dann noch beim Reissverschluss der hinteren Tasche gemacht. Diese hat nun links und rechts eine Abdeckung für den Zipper …..

Nachdem ich ihn nämlich eingenäht habe, habe ich festgestellt, dass die Abdeckung auf der Seite war, auf der der RV geöffnet ist….

Und wenn ich mir schon so viel Mühe mache, dann muss das schon auf der richtigen Seite sein.

 


Um den Arbeitsaufwand der Fehlerbehebung zu minimieren, habe ich dann nicht alles aufgetrennt sondern nur die Seite, wo es eigentlich hin hätte sollen. Das war ein ganz schönes Gefriemel, bis ich es hinbekommen habe, ohne wirklich alles wieder auflösen zu müssen. Und ich habe es geschafft :-).

Zu guter Letzt: einen kleinen Tick länger könnte die Hose noch sein.

Fazit:

Ich trage sie sehr gerne. Kurz oder lang. Sie hat nun schon einige Touren mit mir gemacht und ist sehr bequem.

In Summe bin ich über 2 Monate drangesessen, es waren einfach viele Schritte und der Nahttrenner mochte mich einfach gerne ….

Das Handy in der Hosenbeinaussentasche ist schnell mit einer Hand zugänglich und wird nicht so schnell vollgeschwitzt als wenn es in der PO Tasche wäre. Oft habe ich es eh im Rucksack, aber wenn ich es zum Navigieren oder Fotomachen brauche, habe ich es gerne, wenn ich sofort drauf zugreifen kann, ohne mich gross verrenken zu müssen oder gleich den Rucksack abzusetzen.

Es zieht die Hose auch nur ganz leicht nach unten.

Die Reisverschlüsse an den anderen Taschen haben sich auch schon bewährt – immer wieder ist es mir passiert, dass grad beim „Austreten“ und schnellen Hosenrunterziehen was aus der Tasche fällt, was eigentlich drinbleiben sollte. Das wird damit erfolgreich verhindert.

Ausserdem sitzt sie Hose schöner, wenn die RV geschlossen sind. Offene Taschen beulen doch gerne mal.

Der Merinosoftshell ist ziemlich winddicht und leicht wasserabweisend. Und durch den Merionanteil auf der Innenseite, riecht die Hose im Schrittbereich nicht so schnell, wie es bei den reinen „Plastik“hosen der Fall ist. Und robust ist sie auch, da der Stoff auch noch einen Corduraanteil drin hat.

Und die Farbe ist einfach meine Lieblingsfarbe. Und das Shirt ist mein Lieblingswandershirt, Tunturi von Näähglück aus einem schweren, 100% Merinojersey

Vielleicht gibt es nächstes Jahr noch mal eine Hose, wo die letzten kleinen Fehler ausgebessert werden. Denn in Knallorange hab ich den Softshell auch noch. Nur diesmal ohne Cordura.

Und wer sich an meinen Beitrag vom letzten Mal erinnert, das waren die besagten Reisverschlüsse.

MMM

12 Kommentare


  1. So viele Details an einer Hose, Respekt! Ich mag Zipper auch sehr gern! Gefühlt fällt mir auch alles ständig raus 😉 Gern weitere Wanderfotos mit weitern Wanderhosen, die Berge sehen toll aus, machen sich gut zu deiner blauen Hose! LG Ina

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  2. Was für ein Projekt! ich bewundere Deine Hingabe und Geduld alle Dinge bestmöglich anzupassen. Das Ergebnis überzeugt auf ganzer Linie und jeder der nähen kann, erkennt wie viel Arbeit in den zahlreichen Details steckt. Große Kompliment! LG Kuestensocke

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  3. Das ist ja eine tolle Hose geworden, großes Kompliment! Vor allem die Konstruktion des REißverschlusses ist genial. Ich habe auch immer wieder mal überlegt, mir eine Wanderhose zu nähen, aber die Sache mit den abzipbaren Beinen hat mich bisher davon abgehalten. Dein Beispiel lädt sehr zum Nachmachen ein. Sehr gut gefallen mir auch die Taschenlösungen, da hast du wirklich an alles gedacht. Super!
    Liebe Grüße
    Barbara

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  4. Wenn ich das sehe, bekomme ich sofort wieder Bergweh 😀 Tolles Projekt und macht mir Mut, mir vielleicht auch mal eine Trekkinghose zu nähen. Ich brauche noch eine Sommerwanderhose mit vielen Seitentaschen, aber ohne Zipper 🙂 Aber dafür können wir ja nähen 😉
    Viel Freude mit deiner neuen Hose!
    LG Tina

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  5. Wow, ich bin von deiner Hose geflasht.
    Du hast dir nicht nur beim nähen, sondern auch für den Beitrag so viel Mühe gegeben. Du hast dir ein wundervolles Einzelsrück, ganz nach deinen Wünschen genäht.
    Viel Freude beim tragen.

    LG, Heike

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  6. Ich bin ganz sprachlos vor Bewunderung für deine selbst designete Hose.
    Und ich finde es gut, dass du dir beim Nähen Zeit gelassen hast und Schritt für Schritt vorangegangen bist.
    Ich wünsche dir viele schöne Touren in deinem Beinkleid, LG von Susanne

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  7. Wahnsinn, was für eine Arbeit, was für eine Planungsleistung und dann die Umsetzung, die vielen Reißverschlüsse und Anpassungen, aber das lohnt sich und sicher wird es von Mal zu Mal einfacher, denn so eine Hose kannst du noch viele Jahre neu nähen und tragen, lg anja

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  8. Meinen höchsten Respekt! So ein komplexes Projekt und dann auch noch mit selbst erstelltem Schnitt. Total klasse!

    LG Miriam

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  9. Was für eine Frickelei und so ein ausführlicher Beitrag dazu! Also alles in ALlem Glückwunsch, du hast dir deine perfekte Hose zum Wandern genäht!
    LG Sarah

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